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Startseite ›1. Mai 2020: Gegen das Virus, gegen den Kapitalismus!
Die internationale Arbeiterklasse hat den 1. Mai schon in einigen schwierigen Situationen begangen: Sei es nun inmitten der imperialistischen Weltkriege, die die Arbeiter zwangen, für ihren Klassenfeind – ihre eigene herrschende Klasse - zu töten, zu sterben und zu arbeiten, bis zu den vielen Malen, bei denen die herrschende Klasse ihre gesamte Unterdrückungsmaschinerie entfesselte, um Kämpfe zu zerschlagen, die darauf zielten, die Last der Ketten der Unterdrückung und Ausbeutung durch die Bosse zu lindern.
In diesem Jahr wird die Arbeiterklasse, unsere Klasse, nicht in der Lage sein, auf die Straße zu gehen. In vielen Fällen wird es Arbeiterinnen und Arbeitern nicht einmal möglich sein, auf die gängigen Kampfmethoden (Streikposten, Besetzungen, Demos) zurückzugreifen, weil es einen hinterhältigen Feind gibt, der nur scheinbar von den sozialen Beziehungen des Kapitalismus entkoppelt ist: Das Coronavirus. In Wirklichkeit ist dieses Virus ein (weiteres) Produkt der kapitalistischen Gesellschaft. Genau wie die "lokalen" Kriege, unter denen Millionen Menschen zu leiden haben, die verzweifelte Suche der Migranten nach einem weniger elenden Leben, und das Leid der Geflüchteten, die gezwungen sind unter unmenschlichen Bedingungen ums Überleben zu kämpfen. Nicht zu schweigen von den Umweltkatastrophen, die sich auf das Leben auf diesem Planeten nachhaltig auswirken. Der Zusammenhang zwischen Klimaveränderungen, dem Raubbau an den letzten verbliebenen Naturressourcen und der Ausbreitung "neuer" Krankheitserreger ist heute eine Tatsache, die von der großen Mehrheit der Wissenschaftler festgestellt wird, besonders von jenen, die sich noch nicht völlig den herrschenden Mächten unterworfen haben. In diesem Kontext hat uns der Kapitalismus mit der neuen Pandemie eine weitere Plage beschert.
Die Corona-Epidemie hat sich auf der ganzen Welt ausgebreitet. Sie hat gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen erschüttert, die unveränderlich schienen. Mit der gleichen dramatischen Wucht hat sie die wahre Bedeutung der menschlichen Beziehungen in dieser Gesellschaft aufgedeckt, die auf der Ausbeutung von Menschen durch Menschen zu Profitzwecken basiert.
Millionen von Arbeiterinnen und Arbeitern sind nun auf ein marodes Gesundheitssystem angewiesen, das durch jahrelange Einschnitte zusammengekürzt und demontiert wurde. Noch schlimmer ist die Situation in den so genannten Schwellenländern, wo selbst ein halbwegs funktionierendes Gesundheitssystem niemals in Ansätzen existierte. In diesen Ländern gibt es nicht einmal die minimalsten Beschränkungen der Ausbeutung, die auch in der „westlichen Welt“ mehr und mehr unter Beschuss geraten. Prekäre Arbeit, Unterbeschäftigung und Hungerlöhne, kurz die Ausbeutungsmethoden des 19. Jahrhunderts, sind dort die Regel. Katastrophal ist die Lage in Ländern wie den USA, wo, obwohl sie als Zentren des "fortgeschrittenen" Kapitalismus gelten, Millionen und Abermillionen Proletarisierte ohne nennenswerte Gesundheitsversorgung dastehen, weil ihre Löhne zu niedrig sind, um eine private Versicherung bezahlen zu können. Ganz zu schweigen von den "unsichtbaren", extrem ausgebeuteten Immigranten, ohne Aufenthaltsgenehmigung, eine weltweit Millionen zählende Heerschar, die für viele Wirtschaftszweige (bspw. die Landwirtschaft) unentbehrlich ist. Viele von ihnen werden arbeitslos werden, ohne Arbeitslosengeld. ohne Zugang zu allgemeiner medizinischer Versorgung.
Es ergibt sich das Bild eines Gesundheitssystems, das nicht in der Lage ist, allen zu helfen, und das sich deshalb dafür entscheidet, ältere Menschen nicht zu behandeln, also gerade die Gruppe, unter der bisher die meisten Opfer zu beklagen waren. Sie sind (vermeidbare) Opfer eines Systems, in dem es als normal und „vernünftig" gilt, eine wachsende Zahl von Menschen bis zum Alter von 67-70 Jahren schuften zu lassen. Egal wie viel Leid und wie viele Opfer die weltweite Arbeiterklasse auch erdulden wird, solange dieses Ausbeutungssystem besteht, wird der Raubbau an den Sozial- und Gesundheitsleitungen und der Sozialbeiträge (Kürzung der Renten und Erhöhung des Rentenalters) weitergehen. Wo immer diese vergleichsweise "hohen Sozialstandards" noch existieren, werden sie wie Benzin im Motor der kapitalistischen Ökonomie verheizt werden.
Millionen von Menschen, Arbeiterinnen und Arbeiter, haben keine andere Wahl, als jeden Tag zur Arbeit zu gehen und sich höchst gefährlichen Situationen auszusetzen. In diesen Sektoren kollidiert jede Diskussion über die Ansteckungsgefahr und die Gefährlichkeit des Virus unweigerlich mit den Interessen der Bosse, die letztendlich nur ein Ziel kennen: Profit zu scheffeln.
Noch nie hat sich die historische Krise des Kapitalismus in der jüngsten Krisenperiode so eklatant verstärkt. Diese Pandemie hat den diametralen Interessensgegensatz zwischen den Bossen und der Arbeiterklasse offengelegt. Niemals zuvor stellte sich die grundlegende Frage in solcher Schärfe: Unser Leben gegen ihre Profite!
Allgemein und besonders in der gegenwärtigen Situation wurde von den Verteidigern dieses System erklärt, dass wir als „Bürgerinnen und Bürger“ gleich seien, besonders was die Gesundheitsversorgung angeht. Die gegenwärtige Realität zeigt, dass dies nicht der Fall ist.
Die Corona Krise macht deutlich, in welchem Zustand sich das kapitalistische System seit Jahren befindet. Wenn die Pandemie viel länger andauert, wird alles noch viel schlimmer werden. Der Rebound-Effekt, den die üblichen "Gurus" für den Beginn des vierten Quartals 2020 vorhersagten, hat sich als schiere Illusion erweisen. Ihre Prognosen basieren auf wertlosen Statistiken, genau wie ihre Analysen der positiven Entwicklung der Weltwirtschaft vor der Finanzkrise von 2008, die sie bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht vorhersehen konnten.
Jetzt prognostizieren sie einen Rückgang des globalen BIP um 10-15% bis zum Ende des Jahres und einen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen um Hunderte Millionen. Die wirtschaftliche Erholung, wenn eine solche überhaupt eintreten sollte, wird lange dauern und in dieser dekadenten Phase des kapitalistischen Wirtschaftssystems nur vorübergehend und nicht nachhaltig sein. Selbst wenn das Schreckgespenst Covid-19 (hoffentlich) bald verschwinden sollte, wird die Woche darauf nicht alles wieder so sein wie es einmal war.
China liegt wirtschaftlich am Boden: Die jüngsten Zahlen gehen von einem ersten Rückgang des BIP seit einem halben Jahrhundert aus. Die USA stecken bis über beide Ohren in Schulden und Defiziten. Innerhalb von drei Wochen von Ende März bis Anfang April haben 26 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter Arbeitslosengeld beantragt. Doch das ist erst der Anfang. Zudem basiert der scheinbare Wohlstand der Vereinigten Staaten vornehmlich nur auf der Vorherrschaft des Dollars als Leitwährung und der mächtigsten Militärstreitkraft der Welt. Mitteleuropa, Deutschland eingeschlossen, befand sich bereits vor der Pandemie in einer technischen Rezession. Die Anzeichen für eine Verlangsamung der Weltwirtschaft waren bereits im vergangenen Jahr offensichtlich, und die Zukunft sieht immer düsterer aus.
Das frische Geld, das die Europäische Zentralbank und die Federal Reserve (zusammengenommen mittlerweile über eine Billion Dollar!) ausgeben sollen, wird die Kassen der Banken aufblähen, aber nur sehr wenigen Unternehmen zugutekommen. Die Spekulationsblasen werden weiterwachsen, da die Profitraten der Unternehmen zu niedrig sind, um neue Investitionen zu rechtfertigen. Natürlich wird es auch die üblichen Ausnahmen geben, wie die großen Player, die in den Genuss staatlicher Subventionen kommen, sollten die Finanzspritzen der Banken nicht ausreichen.
Nach den älteren Beschäftigten im Gesundheitssektor und allen anderen die zu Opfern der Kürzungen im Gesundheitswesen und damit des Kapitalismus wurden, wird es auch andere treffen: Die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken und die am meisten unterdrückten Sektoren unserer Klasse, die über die "normale" Ausbeutung hinaus die rassistische Unterdrückung der Bourgeoisie erdulden müssen. Diejenigen, die in den prekärsten Bereichen arbeiten, die am schlechtesten bezahlt und am leichtesten erpressbar sind. Es ist kein Zufall, dass die "Hotspots" der Epidemie sich genau dort entwickelten, wo die Bosse die Arbeiter zur Arbeit gezwungen haben und weiterhin zwingen, auch wenn die Ansteckungsgefahr enorm hoch ist, weil es entweder unmöglich oder sehr schwierig ist, den Sicherheitsabstand einzuhalten. Dazu kommt, dass es keine oder nur unzureichende Schutzausrüstung gibt. Die meisten Todesfälle sind in den Arbeitervororten von New York und in einigen Industriegebieten Norditaliens zu verzeichnen, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Doch Wirtschafts- und Unternehmensverbände stehen dem Sterben gleichgültig gegenüber. Sie drängen auf eine möglichst baldige Rückkehr zur "Normalität", d.h. zur Produktion von Mehrwert in allen Unternehmen, zum Nachteil der Gesundheit der Menschen am oder auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Wir hoffen daher, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter wieder für die Verteidigung ihres Lebens und für die Gesundheit aller kämpfen werden. Die Mobilisierungen der letzten Wochen, in Europa und in anderen Teilen der Welt, die Wut der Arbeiter, die die Gewerkschaften vor sich hertrieb, haben uns gezeigt, wie wir aus der Ohnmacht Widerstand zur Verteidigung unserer unmittelbaren Bedürfnisse entwickeln können, anstatt im Namen des Profits Opfer zu bringen. Doch das allein ist nicht genug.
Von nun an müssen wir in jeder Situation die unverzichtbare Verteidigung der Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter mit der Perspektive einer komplett anderen Gesellschaft verbinden. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der die Produktion nicht mehr in Widerspruch mit der menschlichen Gesundheit und dem ökologischen Gleichgewicht der Umwelt steht, die bereits jetzt durch die zerstörerische Raubgier des Kapitals massiv gefährdet ist. Noch nie zuvor war der Gegensatz zwischen unserem Wohlbefinden, unserer kollektiven Gesundheit, der Verteidigung der Umwelt und der Logik der Profitmaximierung so deutlich. In dieser Logik des Kapitalismus besteht die einzige „Lösung“ aus dem Schlamassel in der Entfesselung eines verallgemeinerten Krieges, der dem Kapital die Möglichkeit zum Wiederaufbau, also zur Ankurbelung eines neuen Akkumulationszyklus geben würde.
Das Virus, das uns auszehrt, ist der Kapitalismus. Dem entgegenzutreten, bedeutet für eine kommunistische Alternative zu diesem System der Ausbeutung und des Todes zu kämpfen und den Aufbau und die Verankerung des politischen Instruments des Klassenkampfes in Angriff zu nehmen: Der internationalistischen revolutionären Klassenpartei, der zukünftigen Internationale. Wir haben uns immer für diese Aufgabe eingesetzt. Doch heute, wo sich die Situation schlagartig ändert, drängt die Zeit. Es gibt eine Alternative zu diesem System! Alle die es satthaben ausgenutzt und ausgebeutet zu werden, stehen vor der Aufgabe einen Beitrag zu ihrem Aufbau zu leisten. Bereiten wir uns auf die historische Herausforderung vor!
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